Mittwoch, 22. Juni:
Fahrt in ein Hockeyverrücktes Dorf
Wir trafen uns am Mittwoch um 9:30 Uhr in Berlin am Hauptbahnhof. Die eigentliche Anreise begann für fast alle aber schon am Dienstag, da es für viele unmöglich war, zu so früher Stunde in Berlin zu sein. Folglich mussten wir uns private Unterkünfte suchen, was reibungslos klappte – wir sind ja ein Team!
Kleinere personelle Veränderungen – einige Spieler dürfen am Wochenende mit ihren Vereinen noch um die DM oder EHL Quali spielen (viel Erfolg hierfür) –, die Berichte der weiblichen U18 (ein paar Tage zuvor in diesem kleinen Örtchen beim DPJW), es gäbe in 10 Km Entfernung keinen einzigen Supermarkt… - sorgten bei unserem Teammanager Carlos für Sorgenfalten. Er hatte sage und schreibe vier große ADIDAS-Taschen, 10 Packungen Müsli, 30 Packungen unseres geliebten Schwarzbrotes bei, die allesamt in den Zug gehievt werden mussten. Es mussten leider zwei Eimer und zwei Schwämme dran glauben, die in Berlin gelassen werden mussten. Die Schaffnerin quittierte unsere kläglichen Versuche, das Gepäck in die Abteile zu bekommen lapidar: „Die Deutsche Bahn ist nun mal nicht auf viel Gepäck ausgerichtet!“.
Wie sich herausstellte, sind wir aber nicht am gleichen Ort untergebracht, der Supermarkt befindet sich 250m neben dem Hotel, und das Essen ist hervorragend. Hätte man es mal früher gewusst!
Nach einer tollen Fahrt im Berlin-Warschau-Express bis nach Posen (es wurde die Halle bestaunt, in der unser A-Kader die Hallen WM holte) stand der bestellte Bus pünktlich an vereinbarter Stelle. Die 80 km zum Örtchen wurden in 1,5 Stunden abgerissen, kurz eingekauft, eine Zwima eingenommen und dann trainiert.
Wer schon einmal im Hockeydorf Osternienburg war, der findet sich hier schnell wieder. Ein Hockeyverrücktes Dorf mit 1500 Einwohnern, eine traumhafte Anlage, ein nagelneuer KuRa und eine Heimmanschaft, die in der 1. polnischen Liga spielt.
P.S.: Ein Spieler fragte am Vortag der Anreise, ob er nicht in Frankfurt (er meinte Frankfurt am Main) zusteigen könne, da der Zug ja über Frankfurt fahren würde (jaha… Frankfurt an der Oder eben). Geografische Grundkenntnisse bei „Bald-Abiturienten“ sind zumindest in Frage zu stellen…
Donnerstag, 23. Juni:
Hurra, hurra, das ganze Dorf ist da…
Die Nacht war gut, das einzige, was heulte, war die Belüftung. Nach ausgiebigen Frühstück und einer Besprechung ging es zum Platz, um den letzten Feinschliff für das erste Spiel zu bekommen. Sonne und Wind sorgten dafür, dass der Platz schnell abtrocknete. Ein Opfer der Platzverhältnisse war zu beklagen. Hubi knickte unglücklich um und fällt wohl für das heutige Spiel aus. Die Abenteuer-Busfahrten im Oldtimerbus (Foto) sind sehr aufregend und tragen zur Belustigung aller bei.
Der Rest des Tages ist schnell erzählt. Mittag, Ruhephase, Spielbesprechung und zum Spiel. Der Pole wurde vor rund 200 Zuschauern mit 4:2 besiegt.
Das Tor des Tages erzielten die Polen. Einer der beiden angesetzten Schiris war nicht am Hockeyplatz zu finden oder er fand den Hockeyplatz nicht (kommt auf dasselbe raus), und so sprang schnell ein Zuschauer ein. In einer der wenigen Kreisszenen entschied er auf Ecke, und alle hörten auf zu spielen. Ein polnischer Stürmer schaltete am schnellsten, schnappte sich die Kugel nach dem Pfiff und vollendete eiskalt. Der Schiedsrichter war von der Kaltschnäuzigkeit des Stürmers so überzeugt und gab das Tor mit der Begründung, er hätte nach seiner Entscheidung drei Sekunden Zeit, sich noch einmal „umzuentscheiden“. So ist es und so bleibt es. Glück hatte der polnische Stürmer nur, dass der Schiedsrichter nicht noch eine weitere Sekunde überlegt hatte, sonst wäre nämlich Halbzeit gewesen. Etwaige Verwandtschaften zwischen polnischem Spieler und Schiedsrichter sind nicht bestätigt worden.
Morgen wird der gleiche Tagesablauf stattfinden, und wir wollen die Polen diesmal noch klarer schlagen als heute. Abendessen und dann ging es ab ins Bett.
Videositzung.
Samstag, 25. Juni:
Ausflug in die Grod Piasta
Der heutige Samstag wurde mit besonderer Freude erwartet, da uns – wie ja bereits gestern erwähnt - eine kulturelle Überraschung versprochen wurde. So ging es eine Stunde eher aus den Betten, und mit müden Blicken empfing uns Carlos zum Morgenlauf.
Doch spätestens bei einer weiteren Abenteuerfahrt in unserem Oldtimerbus wurde auch der Letzte wachgerüttelt. Eine halbe Stunde irrten wir durch das Land, ehe wir ein sprödes Schild mit der Aufschrift „Grod Piasta“ entdeckten. Der Bus bog in eine schmale Straße, die immer weiter in den Wald führte. Dann waren wir da.
In der Grod Piasta hausen Einheimische, die noch in der Zeit des Mittelalters leben. Uns begrüßte der Stammesführer, der sehr temperamentvoll und aufgedreht wirkte. Unser Co-Trainer Casi hatte den meisten Spaß mit einer kleinen Katze, die liebevolle Streicheleinheiten genießen durfte… Dann ging es in gemischten Gruppen an die einzelnen Stationen, denn auch die polnische Auswahl war mit dabei. Wir übten uns in sportlichen und altmodischen Disziplinen, wie Bogenschießen, Hammer- und Speerwerfen. Den Abschluss bildete ein gegenseitiges Tauziehen, wo wir uns den Polen zunächst geschlagen geben mussten, doch unser Physio Gert rettete mit stimmgewaltiger Unterstützung unsere Ehre.
Nach den außergewöhnlichen Eindrücken ging es anschließend zu einem lockeren Training, später dann zum Spiel. Immerhin konnten wir auch dieses Spiel für uns entscheiden und somit ohne Punktverlust die Serie beenden.
Morgen steht die Nominierung an, doch jetzt erst mal gute Nacht Deutschland!
Sonntag, 26. Juni:
Nominierung und Abreise
Der heutige Abreisetag bedeutete gleichzeitig Nominierungstag!
Samt Gepäck trafen wir uns um 9 Uhr in der Eingangshalle, um direkt nach der Besprechung abreisen zu können. Dann war es soweit, und unser Trainer Uli gab den Kader für die Europameisterschaft bekannt, bei der natürlich der Titel her muss!
Die Zugfahrt war nicht sehr gemütlich. Bei hohen Temperaturen ging es vier Stunden quer durch Polen, bis wir dann in unsrer geliebten Heimat ankamen. Am Bahnhof in Berlin verabschiedeten wir uns, und so ging ein weiterer, ereignisreicher Lehrgang zu Ende.
Während die Berliner am Ziel waren, durften sich einige nur über einen Zwischenhalt freuen, um dann zu später Stunde, nach teilweise zehn Stunden Zugfahrt, endlich zu Hause anzugelangen. Tja, was macht man nicht alles fürs Hockey!!!
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